Vortrag 11

 

Der größte Feind der Menschheit:

Unverarbeitete Schmerzerlebnisse = Bad Ends!

 

Was "Bad Ends" sind und wie die Nicht-Verarbeitung von

Schmerzerlebnissen sich negativ auf die gesamte Menschheit auswirkt

 

 

Realitätenkellner: Olaf Jacobsen

Termine: siehe Terminkalender

Teilnahmegebühr: Wähle die Höhe deiner Teilnahmegebühr selbst und werfe sie anonym in die Kasse vor Ort.

(Richtwert: zwischen 5,- und 20,- € pro 60 Min., kann gerne auch unter- oder überschritten werden, je nach deiner finanziellen Lage und Werteinschätzung der Veranstaltung. Teilnehmende mit hohem Einkommen oder Vermögen bitten wir, sich tendenziell am oberen Richtwert zu orientieren.)

Obergrenze: maximal 25 Personen (Köln), 35 Personen (Karlsruhe), bitte anmelden

Voraussetzung für die Teilnahme:   keine

 

 

Kurze Zusammenfassung des Inhalts:

Ein "Bad End" ist das Gegenteil eines "Happy Ends". Happy Ends kennen wir aus jedem Spielfilm: Die Geschichte findet ein glückliches Ende. Der Zuschauer geht erleichtert und mit einem guten Gefühl aus dem Kino oder stellt mit einem guten Gefühl seinen Fernseher aus.

Was aber, wenn wir uns einen Spielfilm anschauen, der ein schmerzvolles Ende hat? Wir kennen es aus Fernseh-Serien, wenn am Ende einer Folge etwas passiert, was sich nicht auflöst und was "Gefahr" verspricht. Damit wollen uns die Macher von Serien bei der Stange halten, damit wir uns die nächste Folge anschauen, um dort miterleben zu können, wie sich diese Spannung, diese Gefahr letztendlich auflöst. Damit wir uns dann bei Gedanken an diese Serie wieder besser fühlen.

Etwas Unerledigtes, etwas Ungelöstes fühlt sich für uns generell nicht besonders gut an. Und wenn wir es nicht verarbeiten können, entsteht in uns ein "Bad End".

Dieser Vortrag will bewusst machen, wo wir in unserem alltäglichen Leben überall in Bad Ends stecken, wie unfassbar groß die Auswirkungen von Bad Ends auf unsere gesamte Gefühlswelt sind, wie sie unser Leben nachhaltig negativ beeinflussen, sich daher auch auf all unsere Beziehungen zu anderen Menschen auswirken, überall im Arbeitsalltag, in der Wirtschaft und in der Politik ihren Einfluss ausüben und letztendlich für alle Kriege und für unseren Umgang mit uns selbst und mit der Natur und der Erde verantwortlich sind.

Wenn wir uns die volle Tragweite der unbewussten Wirkungen von Bad Ends bewusst machen und uns diesem Phänomen vollkommen stellen, erst dann werden wir auch in der Lage sein, etwas zu verändern, ohne dass sich der Gewaltkreislauf (Bad-End-Kreislauf) wiederholt. Erst dann werden wir in der Lage sein, umfassende empathische Happy Ends zu erschaffen.

 

 

Für das Lesen des kompletten Vortrags hier unten:

Bestimme die Gebühr für das Lesen dieses Vortrags selbst - je nach deiner Wertschätzung unserer Ausarbeitung, deiner Wertschätzung des Inhalts und nach deiner finanziellen Lage.

Richtwert: zwischen 1,- und 5,- € pro Vortrag/Training - kann gerne auch unter- oder überschritten werden. Leserinnen oder Leser mit hohem Einkommen oder Vermögen bitten wir, sich tendenziell am oberen Richtwert zu orientieren.

Möchtest du nichts überweisen, dann gehört das für uns auch dazu. Du bist herzlich dazu eingeladen, den Text hier unten trotzdem zu lesen.

Überweise freiwillig auf folgendes Konto: NeuroSonanz Jacobsen, Sparda-Bank BW, DE29 6009 0800 0100 6866 70,

BIC: GENODEF1S 02    -  Als Verwendungszweck bitte Vortrags- oder Trainingsnummer angeben - oder Name des jeweiligen Realitätenkellners (damit das Geld dem entsprechenden Realitätenkellner zufließen darf).

Die ausführliche Begründung und die Hintergründe für unser ungewöhnlich offenes Preissystem findest du hier.

 

Dauer: Zum Lesen dieses Vortrags brauchst du ca. 25 – 35 Minuten Zeit.

 

 

 

Der komplette Vortrag:

Kompletter Vortrag zum

Ausdrucken (Stand 2.9.2015):

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Hallo und ein herzliches Willkommen zu diesem radikalen Vortrag.

 

Ich übertreibe nicht, sondern ich meine diese Überschrift vollkommen ernst: "Der größte Feind der Menschheit".

Ich weiß, dass solche absoluten Formulierungen oft "unprofessionell" wirken - aber soll ich mich deswegen verbiegen, wenn ich doch vollständig dieser Überzeugung bin?

Mein gesamtes bisheriges Leben, all meine Erfahrungen, Beobachtungen, Überlegungen, Erkenntnisse und Sichtweisen bringen ein einziges Ergebnis zum Vorschein: Die Nicht-Verarbeitung von Schmerzerlebnissen ist die allergrößte Gefahr für die gesamte Erde.

Ich hoffe, mit diesem Vortrag uns allen bewusst machen zu dürfen, wo wir alle drinstecken und was uns negativ beeinflusst.

 

Selbstverständlich ist auch dieser Vortrag lediglich ein "Realitäts-Angebot" und jeder hat die Wahl, ob er zu meiner Überzeugung ein Gleichgewicht eingeht.

Ich selbst bin nach jahrelanger Beobachtung und Erforschung von meinem Umfeld und von mir selbst so stark von dieser "Realität" überzeugt, dass ich nicht anders kann, als meine Überzeugung so in Worte zu fassen, als ob es die "Realität" sei. Für mich ist das, was ich euch heute erzähle, vollkommen schlüssig und erklärt so vieles ...

 

 

Zuallererst möchte ich auf Vortrag 4 zurückgreifen. Dort ging es um die Frage "Wofür ist etwas gut?"

Ich möchte zu Beginn den positiven Hintergrund vom "Feind der Menschheit" darstellen und euch bewusst machen. Deshalb übertrage ich diese Frage zunächst auf Schmerzerlebnisse:

Wofür sind Schmerzerlebnisse gut?

Sie lassen uns leben, sie lassen uns nach einem Happy End suchen. Sie sorgen dafür, dass wir uns um eine Verbesserung kümmern. Schmerzen helfen uns, uns zu schützen, unser Leben zu beschützen, unsere Nächsten zu beschützen, uns gegenseitig zu helfen, das Leben so glücklich wie möglich zu gestalten. Schmerzerlebnisse sind die Motoren dafür, dass wir uns auf die Suche nach unserem Glück machen und letztendlich auch Glück erfahren dürfen (als Gegenpol zum Schmerz).

Ohne Leid, ohne Schmerz keine Glückserfahrung (ihr erinnert euch: Im permanenten Gleichgewicht verschwindet die Wahrnehmung - Vortrag 6).

Menschen, die durch einen Gen-Defekt keine körperlichen Schmerzen fühlen können (kongenitale Analgesie), verletzen permanent ihren eigenen Körper, weil sie vom Körper nicht gewarnt werden. Ein abgebissenes Stück Zunge wird genauso wenig registriert wie ein Knochenbruch. Man entwickelt keine Wahrnehmung für "Gefahr", was letztendlich dazu führen kann, dass diese Menschen sich selbst "aus Versehen" umbringen.

Wir brauchen also die Fähigkeit, Schmerzen wahrnehmen zu können (Schmerzerlebnisse), um unser Lebensgleichgewicht zwischen Schmerz- und Glückserfahrungen aufrecht erhalten zu können.

Dafür sind Schmerzerlebnisse gut.

 

Das Entscheidende an der Überschrift für diesen Vortrag sind aber nicht die Schmerzerlebnisse, sondern das Wort "unverarbeitet". Schmerzerlebnisse, die nicht mehr weiterentwickelt werden und kein Happy End mehr erfahren, nenne ich "Bad Ends".

Hier ein paar Beispiele dafür, wie ich Bad Ends definiere:

 

Zunächst ein ganz banales Beispiel:

Ich telefoniere mit einem guten Freund. Auf einmal schreit er vor Schmerz am anderen Ende der Leitung und in dem Moment bricht der Kontakt ab. Der Schrei hat mir vermittelt, dass er sich wohl verletzt hat = Schmerz. Ich fühle mit ihm und mache mir Sorgen. Allerdings kann ich ihn jetzt nicht mehr erreichen und ihn fragen, ob er etwas braucht - und er meldet sich auch nicht mehr. Mein Gehirn erlebt ein Ungleichgewicht, das sich momentan nicht weiterentwickeln lässt. Ich finde kein Happy End, kann also von der ganzen Sache nicht wirklich loslassen. Meine Sorgen werden immer größer, weil sich mein Gehirn alle möglichen Szenen ausmalt: Er wurde überfallen oder er hat sich selbst verletzt und braucht dringend Hilfe etc. Solange ich keine weiteren Informationen von ihm und über ihn erhalte, die dieses Schmerzerlebnis in meinem Gehirn weiterentwickeln, befinde ich mich in einem Bad End. Ein paar Stunden später erfahre ich dann doch per E-Mail, dass es ihm gut geht. Er ist gestolpert, dabei ist sein Telefon runtergefallen und kaputt gegangen, er hat sich aber nicht verletzt.

Letztendlich ging es mir seit unserem Telefonat schlechter als ihm, denn ich steckte in einem Bad End. Mein Gehirn hat sich seinem Schrei entsprechend die schlimmsten Situationen ausgemalt, weil es keine neuen Informationen nach diesem Schrei erhielt. Er jedoch hatte sich in seiner Wohnung nur kurz geärgert und ist dann seinen Aufgaben und Interessen weiter nachgegangen. Sein Gehirn konnte sich in dieser Zeit weiterentwickeln. Meines nicht.

 

Ein Bad End ist nicht das reine Schmerzerlebnis an sich, sondern ein Bad End entsteht, wenn nach einem Schmerzerlebnis eine Weiterentwicklung nicht möglich ist, weil z. B. ein Kontaktabbruch (= "End") entsteht und weil deshalb unser Gehirn dieses Schmerzerlebnis innerlich immer wiederholt und dadurch in dem Schmerzzustand "festschreibt".

 

Im körperlichen Bereich gibt es diese "Bad Ends" auch: Wurde jemandem aus dringend notwendigen Gründen z. B. ein Arm amputiert, dann hat dieser Mensch nach der Amputation auch weiterhin noch das Gefühl, dass der Arm existieren würde. Hatte dieser Arm vor der Amputation stark geschmerzt, dann kommt es vor, dass derjenige nach der Amputation auch immer wieder Schmerzen in dem Phantomarm spürt. Man nennt dies auch Phantomschmerz.

Entscheidend dabei ist, dass vor der Amputation ein reger Austausch zwischen Arm und Gehirn stattfindet. Das Gehirn empfängt Signale aus dem Arm und schickt selbst Signale zum Arm. Durch diesen Austausch aktualisiert sich das Gehirn ständig und reguliert sich passend zu dem, was im und mit dem Arm passiert. Wird der Arm aber amputiert, dann endet dieser Austausch abrupt (= "End") und das Gehirn kann sich an dieser Stelle nicht mehr stimmig regulieren. Es bleibt in einem bestimmten Zustand stecken. Es kann nicht "verstehen", dass die Gliedmaße tatsächlich weg ist. Stattdessen projiziert das Gehirn weiterhin die "alten" Gefühle an die Stelle, wo früher das amputierte Glied war, und der Mensch hat das Gefühl, dass der Arm noch dran sei. Im schlimmsten Fall spürt der Mensch auch immer noch den "alten" Schmerz in diesem Arm - also ein "Bad End". Warum? Weil der Verlust der Gliedmaße im Gehirn nicht komplett so "verarbeitet" werden kann, dass anschließend die innere Realität des Gehirns der äußeren Realität komplett neu angepasst wurde. Es bleibt eine innere Realität konstant bestehen, die eher dem letzten schmerzvollen Zustand kurz vor dem Verlust entspricht als der aktuellen Gegenwart.

(Wie ich schon in Vortrag 5 erwähnte, gibt es bei Amputationen inzwischen die Spiegeltherapie und andere Möglichkeiten, das Gehirn weiterzuentwickeln und ihm zu einem Happy-End-Zustand zu verhelfen.)

 

Ein Beispiel, das wir aus unserem Fernseh-Alltag kennen:

Wenn am Ende einer Fernsehserie etwas Schlimmes passiert, ohne dass es sich in ein Happy End auflösen darf, dann bleibt in uns beim Ausschalten des Fernsehers ein unangenehmes Gefühl zurück, eine Spannung, ein Wunsch nach einem Happy End. Konzentrieren wir uns dann im Alltag auf etwas anderes, dann verschwindet allmählich dieses Gefühl. Sobald wir aber an diese Serie denken, fällt uns wieder das schlimme Ende ein. Das aktiviert in uns das ungute Gefühl und unseren Wunsch nach einem Happy End. Wir befinden uns also in einem "Bad End" - in einem Zustand, in dem wir uns immer wieder unwohl zu fühlen beginnen, sobald wir an das erlebte schlimme Ende vom letzten Mal denken. Je mehr wir uns mit dieser Serie identifizieren und persönlich mitleben, umso stärker ist auch unser Leid beim Gedanken an die Serie. Interessiert uns die Serie kaum, dann fühlen wir auch nicht wirklich mit und entwickeln dementsprechend auch kein Bad End.

 

Ein weiteres, sehr schlimmes Beispiel:

Der Malaysia-Airlines-Flug 370 war ein Linienflug von Kuala Lumpur nach Peking, bei dem eine Boeing 777 am 8. März 2014 aus der Überwachung der Flugverkehrskontrolle des Subang Airports verschwand. Seither ist das Flugzeug verschollen. Einige Verwandte der verschollenen Fluggäste warten immer noch auf eine Aufklärung. Ist das Flugzeug entführt oder abgestürzt? Leben die Fluggäste noch oder sind alle tot? Sie können den Verlust nicht verarbeiten, weil immer noch Hoffnung besteht, dass die Fluggäste entführt und am Leben sind. Auf diese Weise befinden sie sich emotional in einem äußerst unangenehmen Zwischenzustand = einem "Bad End".

Wenn sie Gewissheit hätten, dass alle Fluggäste tot sind, könnten sie den Verlust betrauern, sich verabschieden, den Schmerz komplett verarbeiten und dann nach einer Weile zu einem neuen Leben ohne die verstorbenen Verwandten zurückfinden. Hat sich ihr Leben nach dem Verlust wieder neu "eingependelt", dann sind irgendwann auch wieder glückliche Lebensphasen möglich. So etwas wäre eine "natürliche Verarbeitung eines Schmerzerlebnisses".

Doch immer, wenn sie an ihre Verwandten denken, kommt das schlimme Gefühl des "Bad Ends" in ihnen hoch, der ungeklärte Schmerz-Zustand.

 

Ein letztes Beispiel, das viele aus der Kindheit kennen:

Viele von uns haben erlebt, dass die Eltern etwas verboten haben. Dabei haben sie sich streng verhalten und anschließend jegliche weitere Diskussion über dieses Verbot untersagt (= keine Weiterentwicklung in Richtung Happy End möglich). Diese "Strenge" ist ein schmerzhaftes Erlebnis, denn unsere Eltern haben sich emotional von uns distanziert. Sie haben uns nicht liebevoll gestreichelt oder uns liebevoll in den Arm genommen oder uns liebevoll angeschaut und uns dabei erklärt, was wir nicht mehr tun sollen. Nein - sie haben uns eine emotionale Distanz demonstriert, und das fühlt sich für ein kleines Kind wie ein "Verlust" an, wie eine "Gefahr" - also: Schmerz. Es war ein Schmerzerlebnis, das wir nicht in ein Happy End weiterentwickeln konnten. Wir konnten es nicht verarbeiten.

Immer wenn wir nun an dieses Verbot gedacht haben, haben wir uns gleichzeitig an das schmerzvolle Verhalten unserer Eltern erinnert und dann in uns das "Bad End" gefühlt, den ungeklärten Zustand zwischen uns und unseren Eltern bei diesem Thema. Wir konnten weder dieses Erlebnis vollständig verarbeiten, darüber trauern und dann zur Tagesordnung übergehen, noch konnten wir ein Happy End erleben.

Ein Happy End wäre z. B. gewesen, wenn unsere Eltern eingesehen hätten, dass sie uns mit ihrem distanzierten Verhalten einen emotionalen Schmerz zugefügt hatten, und uns nun mitteilen, dass es ihnen sehr leid tut und sie uns nie wieder auf diese Weise eine Grenze setzen werden. In Zukunft werden Sie uns Grenzen anders vermitteln - zwar klar, aber gleichzeitig viel liebevoller und verständnisvoller. Dieses Happy End hätte unser Bad End im Gehirn weiterentwickelt und aufgelöst.

 

 

Diese Beispiele sollen zunächst einmal genügen, um euch ein bisschen vermitteln zu können, wie ich ein "Bad End" definiere.

Noch einmal zusammengefasst:

Ein Bad End ist ein Zustand in unserem Gehirn, der zunächst durch ein Schmerzerlebnis verursacht wurde und den wir anschließend in unserem Gehirn weder emotional verarbeiten (durch Trauer, durch Tränen, durch Abschied, durch Schmerzausdruck) noch in ein Happy End weiterentwickeln können (durch lösende oder relativierende Gedanken). In unserem Gehirn bleibt ein Zustand bestehen, der in uns ein Unwohlgefühl (Schmerz, Angst, Panik, Abwehr, Unzufriedenheit, Gefühl, dass etwas unerledigt ist etc.) auslöst, sobald uns in der Gegenwart irgendetwas auch nur ansatzweise an dieses Schmerzerlebnis erinnert.

 

Weil dieses Phänomen des "Bad Ends" in unserer Gesellschaft und allgemein in der Menschheit so extrem stark verbreitet ist und weil wir uns an solche Zustände gewöhnt haben, halten wir sie alle für "normal" - doch das sind sie nicht! Wie gesagt: Das Phänomen des Bad Ends ist unser größter Feind und gerade deshalb so gefährlich, weil wir es für "normal" halten und so gut wie nichts dagegen tun.

Ein Bad End im Extremzustand wird "Trauma" genannt. Doch meine Definition von Bad End geht weit über ein Trauma hinaus und beginnt eben schon dort, wo wir einfach im Alltag etwas Unangenehmes erleben und es nicht weiterentwickeln können (siehe Telefonat mit meinem Freund).

 

Wenn wir uns meine Definition eines Bad Ends genau anschauen, wird gleichzeitig klar, wodurch sich ein Bad End und seine schmerzvolle Permanent-Wirkung auflösen lässt:

- durch vollständige emotionale Verarbeitung des Schmerzerlebnisses.

- durch vollständige Weiterentwicklung in ein Happy-End-Erlebnis oder eine Happy-End-Deutung des Erlebnisses.

Wenn ein Schmerzerlebnis emotional komplett verarbeitet werden konnte, dann haben wir keine Angst mehr davor. Wir haben trotzdem aus diesem Erlebnis gelernt, denn wir können uns in Zukunft gut davor schützen. Wir können klare Grenzen ziehen und unser Verhalten so organisieren, dass wir erfolgreich eine Wiederholung dieses Schmerzerlebnisses vermeiden können. Oder wir können in Zukunft gut mit so einer Erfahrung umgehen, weil wir es bereits kennengelernt haben und wissen, was genau auf uns zukommt. Dies ist alles mit guten und klaren Gefühlen verbunden, mit einer Selbstsicherheit.

Als ich meine erste Magenspiegelung erleben musste (mir wurde ein Schlauch in den Hals gesteckt, den ich schlucken musste, wobei ich permanent Würge-Reflexe erlebte ... ganz schrecklich ...), ging es mir hinterher sehr schlecht. In kam aus der Arztpraxis, stand dort im Hausflur eines mehrstöckigen alten Gebäudes und hatte das Bedürfnis, die Treppe ganz nach oben zu laufen. Oben angekommen setzte ich mich vor die Tür zum Dachstuhl, wo mich keiner sehen würde, und begann zu weinen. Ich ließ meinen Gefühlen freien Lauf und dachte dabei die ganze Zeit an die Prozedur der Magenspiegelung. Nach ca. 15 Minuten ließ der Tränenstrom nach und ich konnte nun mit guten Gefühlen und mit innerer Ausgeglichenheit an die Magenspiegelung zurückdenken. Keine Stressgefühle mehr. Das Schmerzerlebnis war komplett verarbeitet.

Den Beweis dafür hatte ich ein paar Wochen später: Bei meiner nächsten Magenspiegelung hatte ich keinerlei Angst. Ich fühlte mich selbstsicher, klar, wusste, was auf mich zukam, und konnte mich der Prozedur problemlos stellen. Hinterher ging es mir gut.

Wenn ich nach dem Telefonat mit meinem Freund, das kurz nach seinem Schrei abgebrochen wurde, mir gedacht hätte, dass ich im Moment nichts für ihn tun kann und dass ich ihm aus ganzem Herzen wünsche, dass "das Universum" die für ihn beste Lösung finden wird, dann hätte ich mir dadurch innerlich ein Happy End gegeben und hätte besser entspannen und mich aus dem Bad End befreien können.

 

 

Vorhin fragte ich, wofür Schmerzerlebnisse gut sind. Die Antwort war, dass wir Schmerzerfahrungen brauchen, um daraus zu lernen, um uns selbst immer besser schützen und unser Lebensgleichgewicht zwischen Schmerz- und Glückserfahrungen aufrecht erhalten zu können.

 

Jetzt möchte ich diese Frage noch direkt auf "Bad Ends" anwenden.

Wofür sind Bad Ends gut?

Wofür ist es gut, wenn wir nach einem Schmerzerlebnis immer wieder an dieses Erlebnis zurückdenken und dabei Schmerz, Angst, Panik, Abwehr, Unzufriedenheit, Unerledigt-sein-Gefühle etc. in uns spüren?

 

Die Antwort auf diese Frage führt uns zu einem Grundverhalten unseres Gehirns: zum Lernprozess. Der Lernprozess des Gehirns funktioniert optimal. Nur leider führt er im schlimmsten Fall eben auch zu diesen Bad Ends.

Warum das so ist, möchte ich ausführlicher erläutern. Die folgende Beschreibung habe ich bereits in meinem Buch "Ich stehe nicht mehr zur Verfügung - Die Folgen" formuliert (mit allen Folgen, die sich daraus ergeben) und sie besteht teilweise aus wissenschaftlichen Fakten und teilweise aus persönlichen Schlussfolgerungen:


Unser Gehirn befindet sich mithilfe der Nervenbahnen und der Sinnesorgane im ständigen Kontakt sowohl mit unserem übrigen Körper als auch mit unserem Umfeld. Wie ein Navigationsgerät in einem Auto entwickelt es in sich selbst entsprechende „Karten“ als Modell vom Körper und von unserem Umfeld (wie z. B. eine Gehirnkarte für den gesamten Arm oder eine untergeordnete Gehirnkarte für die einzelnen Finger). Dieses Entwickeln von Modellen bezeichnen wir als „Lernen“.
Unser Gehirn überprüft fortwährend sein Modell, indem es das Modell auf die äußere Realität projiziert und gleichzeitig mit den Eingangssignalen vergleicht. Es schaut, ob es sich in Resonanz befindet oder nicht, ob es übereinstimmt oder Unterschiede existieren. Sobald es Ungleichgewichte zwischen dem Modell und den Eingangssignalen feststellt, sucht es nach neuen Gleichgewichten, indem es das Modell so lange reguliert (= Bildung neuer synaptischer Verbindungen oder neuer Einsatz alter Verbindungen), bis es mit den Eingangssignalen wieder im Gleichgewicht schwingt. Dies geschieht blitzschnell und ohne Unterbrechung. Unser Gehirn geht mit seinem Modell zu jeder sinnlichen Wahrnehmung sofort wieder in Resonanz, um es innerhalb seiner Möglichkeiten stimmig in sich selbst zu präsentieren und effektive Befehle an den Körper für entsprechende Interaktionen mit dem Körper oder dem Umfeld geben zu können. Der Grundsatz lautet:

Stelle eine Verbundenheit her zu dem, was dich unterstützt, Gleichgewichte zu erhalten oder neu zu erreichen, und blockiere das, was dich aus dem Gleichgewicht bringt oder dich von neuen Gleichgewichten abhält.
Es ist wichtig zu unterscheiden: Eine Blockade im Gehirn ist kein Kontaktabbruch, sondern eine weitere „In-Formation“, ein „Nein“ zu etwas Wahrgenommenem, ein hemmender Reiz im Gehirn, eine Einteilung von etwas in den Nicht-Zielbereich, eine Bewertung. Etwas gehört nicht zu unserem Gleichgewicht/Ziel dazu.

Bricht aber ein Kontakt zu einem bestimmten Bereich des Körpers oder des Umfeldes vollständig ab, so kann das Gehirn sein Modell an dieser Stelle nicht mehr überprüfen und nicht mehr weiterentwickeln. Es kann an dieser Stelle nichts Neues mehr dazulernen. Da es kein Informationsmaterial mehr erhält, mit dem es interagieren könnte, da keine „Funksprüche“ mehr hereinkommen, kann es weder ein Gleichgewicht noch ein Ungleichgewicht identifizieren, weder ein „Ja“ noch ein „Nein“. So bleibt es auf dem zuletzt erreichten Stand stehen. Es speichert diesen letzten Zustand als gegenwärtiges „Gleichgewicht“ in dieser Beziehung. Wir haben etwas „fertig gelernt“. Immer dann, wenn wir an diesen Bereich erinnert werden (= Aktivierung der entsprechenden neuronalen Netzwerke) oder uns selbst an ihn erinnern oder unsere Aufmerksamkeit darauf lenken, präsentiert unser Gehirn uns diesen letzten Zustand, indem es ihn in unseren Körper oder in unser Umfeld projiziert.
Diese letzten Zustände können vielfältig sein. Es könnte ein Schmerzzustand, ein Glückszustand oder auch ein Bewegungszustand sein. Angenommen, wir waren gerade intensiv bestrebt, ein Ziel zu erreichen und wurden mittendrin unterbrochen, dann wird in unserem Gehirn der Zustand „Ich strebe zu diesem Ziel hin“ festgeschrieben.
Diese Eigenart unseres Gehirns nützt uns für unsere Lernprozesse. In den Bereichen, in denen es eine „Pause“ erfährt, wiederholt es den letzten Zustand selbstständig (wie einen Phantomschmerz) und schreibt ihn dadurch „fest“. Wir erleben es nachts, wenn wir tagsüber intensiv gelernt haben und durch unseren Schlaf den bewussten Kontakt zu allem unterbrechen: Unser Gehirn arbeitet weiter, wiederholt die zuletzt erreichten Zustände und festigt sie dadurch. Als ich das erste Mal an einem Skikurs teilnahm und Skifahren lernte, hörte ich nachts damit nicht auf. In meinen Träumen fuhr ich immer weiter.
Diesem automatischen Festschreiben haben wir unser allgemeines „Gedächtnis“ zu verdanken – und damit unsere Fähigkeit zum Lernen. Unser Gehirn hat etwas, das wir erlebt haben und das nun beendet ist, auf eine bestimmte Weise in seinem Modell „gespeichert“ und dort festgeschrieben. An diesen gespeicherten Zuständen orientieren wir uns, indem wir sie wiederholen, nach außen projizieren, gleichzeitig überprüfen, ob sie noch mit den Eingangssignalen übereinstimmen, und gegebenenfalls weiterentwickeln und dadurch neu anpassen.

 

Durch viele Erfahrungen und Experimente von Hirnforschern wissen wir, dass Erinnerungen veränderbar sind und „weiterentwickelt“ werden können (siehe Vortrag 5). Gegenwärtige Geschehnisse können beeinflussen, wie wir über unsere Vergangenheit denken und wie wir uns erinnern. Gedächtnisinhalte können sich ändern. Gehirnkarten wandeln und verknüpfen sich mit anderen Gehirnkarten, wenn sie weniger oder gar nicht mehr gebraucht werden.

Auch wenn unser Gehirn wandelbar ist und sich immer wieder verändert und der Gegenwart neu anpasst, besitzt es trotz allem die Fähigkeit, Informationen beständig und zuverlässig „fest“ zu speichern.

Das scheint zunächst ein Widerspruch zu sein. Wie lassen sich auf der einen Seite die „Veränderungen“ und auf der anderen Seite das „Festschreiben“ im Gehirn unter einen Hut bringen?
Als Klavierspieler erlebe ich folgendes Phänomen: Habe ich ein Stück von Johannes Brahms eingeübt, beherrsche es fehlerfrei und übe gleich anschließend ohne Pause ein sehr ähnliches zweites Stück von Brahms, bis ich es beherrsche, dann spiele ich das erste Stück anschließend wesentlich schlechter. Ich mache zu viele Fehler. Habe ich aber ein Stück von Mozart eingeübt und übe anschließend ein vollständig anders geartetes modernes Stück von Alexander Skrjabin, dann kann ich den Mozart danach immer noch recht gut spielen.
Was ist passiert? Ich deute es wie folgt: Mein Gehirn hat beim Üben des ersten Brahms-Stücks eine entsprechende Gehirnkarte angelegt – die Brahms-Klavierstück-Karte. Weil das zweite Brahms-Stück sehr ähnlich war, hat mein Gehirn dies mit der ersten Gehirnkarte verknüpft und diese weiterentwickelt. Als ich nun wieder das erste Brahms-Stück spielen wollte, war es nicht mehr so vorhanden wie am Anfang, denn mein Gehirn hatte es aufgrund der Ähnlichkeit in einigen Teilen weiterentwickelt und verändert. Also machte ich beim Spielen des ersten Stücks mehrere Fehler.
Als ich aber von Mozart zu Skrjabin wechselte und damit den Kontakt zu der Mozart-Gehirnkarte vorläufig beendete, schrieb mein Gehirn den letzten Zustand fest und legte aufgrund des starken Unterschiedes im Stil der beiden Komponisten eine völlig neue Skrjabin-Klavierstück-Gehirnkarte an, ohne die Mozart-Gehirnkarte weiterzuentwickeln. Deswegen beherrschte ich den Mozart nach dem Üben des Skrjabin-Stücks immer noch recht gut.

 

Ein Spiel für die Internetleser:

Wollen wir uns eine Zahlenkombination merken (z. B. 24539) und lesen anschließend viele weitere ähnliche Zahlenkombinationen (bitte decke nun die Zahlenkombination in der vorigen Zeile mit dem Finger zu und lese die folgenden Zahlen hier laut vor, Ziffer für Ziffer: „24593, 24659, 27534, 27954, 23456“), dann fällt es uns schwer, uns wieder an die erste Zahlenkombination zu erinnern.
Merken wir uns aber eine Zahlenkombination (50829) und lesen anschließend lauter Buchstabenkombinationen (decke auch hier wieder die Zahlenkombination in der vorigen Zeile mit dem Finger zu und lese die folgenden Buchstaben einzeln laut vor: „wregs, iohöl, fsgea, ebdst, üiojq“), dann fällt es uns anschließend leichter, uns an die Zahlenkombination zu erinnern. Ich erlebe sogar, dass ich beim Vorlesen der Buchstaben gleichzeitig immer noch an die Zahlenkombination denken und sie auf diese Weise „festigen“ kann (50829), was mir beim ersten Beispiel (24539) nicht so gut gelingt.

 

Kennt ihr das Spiel „Memory“? Wenn wir es an einem Tag das erste Mal spielen, geht es noch relativ leicht, sich zu merken, welches Bild an welchem Platz liegt. Doch je öfter wir das Spiel direkt hintereinander spielen, desto mehr vermischt sich unsere Erinnerung, wie die Karten in den vorigen Durchläufen lagen, mit unserer Erinnerung, wie die Karten jetzt gerade liegen. Wir „verwechseln“ öfter die Spieldurchläufe miteinander. Spielen wir aber ein anderes Memory-Spiel mit komplett anderen Bildern, so ist es wieder leichter, sich die Plätze zu merken.


Ich ziehe folgenden Schluss daraus: Wir nehmen im Außen etwas wahr und lernen es (kennen), beispielsweise Vokabeln, wodurch sich eine Vokabel-Gehirnkarte für das Gelernte in uns entwickelt, denn unser Gehirn geht (aufgrund seines Wunsches nach einem neuen Gleichgewicht) in Resonanz zu dem Wahrgenommenen.

Wenn wir unsere Aufmerksamkeit von diesem Lernstoff abziehen, unterbrechen wir dadurch den Kontakt zwischen unserer Vokabel-Gehirnkarte und den zu lernenden Vokabeln im Außen – genauso wie bei einer Amputation der Kontakt zwischen Arm und Gehirn unterbrochen wird.

Richten wir nun unsere Aufmerksamkeit auf etwas gänzlich Unterschiedliches, z. B. auf Geschichtsdaten, so wird währenddessen die Vokabel-Gehirnkarte durch den Kontaktabbruch festgeschrieben, nicht mehr weiterentwickelt und es wird eine neue Geschichts-Gehirnkarte angelegt. Je größer der Unterschied zwischen den gelernten Einheiten (Vokabeln / Geschichtsdaten) ist, desto eher wird die zuerst gelernte Einheit so festgeschrieben, wie wir sie verlassen. In diesem Fall können wir uns besser an den zuletzt erreichten Zustand erinnern. Wer also immer wieder den Hinweis bekommt, doch mal bei einer Sache zu bleiben, sie durchzuziehen und nicht immer hin und her zu wechseln, der bekommt von mir den Hinweis: Wechseln kann förderlich sein.
Stellt das Gehirn Ähnlichkeiten zwischen Lerneinheiten (Brahmsstück 1 / Brahmsstück 2) fest, dann aktiviert es die bereits vorhandene Gehirnkarte der ersten Lerneinheit und verknüpft sie mit den neuen aber ähnlichen Informationen der zweiten Lerneinheit. Die bereits existierende Gehirnkarte wird durch die nächste ähnliche Lerneinheit weiterentwickelt. Da also die erste Lerneinheit nicht „festgeschrieben“, sondern „weiterentwickelt“ wird, fällt es uns wesentlich schwerer, uns wieder korrekt an die erste Lerneinheit zu erinnern, denn sie existiert kaum noch in dem Zustand, in dem wir sie beendet hatten.
Die positive Seite dieses Effektes sehen wir bei mit unangenehmen Assoziationen festgeschriebenen Gehirnkarten, wenn z. B. ein Kontakt zu einem Menschen auf unangenehme Weise geendet hat. Diese Karten können sich nicht nur dann weiterentwickeln, wenn wir direkt an das letzte unangenehme Erlebnis anknüpfen und z. B. mit diesem Menschen ein klärendes Gespräch suchen, sondern auch, wenn wir „nur“ ähnliche Situationen mit anderen Menschen erleben, die uns helfen, diese Gehirnkarten aus ihrem unangenehmen Zustand in einen angenehmeren Zustand weiterzuentwickeln (wie z. B. mit Hilfe einer Systemischen Aufstellung - siehe Workshop 1). Dies gilt auch für Momente, in denen wir einem anderen Menschen einfach nur von diesem unangenehmen Kontaktabbruch erzählen. Beim Erzählen knüpfen wir in unserem Gehirn wieder an das Erlebnis an und können durch die verständnisvolle Reaktion des anderen unsere Gehirnkarte ein Stück in Richtung Happy End weiterentwickeln. Allein wenn dieser uns nur brav zuhört, ist das schon eine angenehmere Reaktion als die Spannung beim Kontaktabbruch mit dem zuerst genannten Menschen. Befand sich unser Gehirn in diesem Bereich in einem sehr schmerzlichen Zustand, dann führt das Happy-End-Erlebnis zu berührenden Tränen, mit denen unser Gehirn den Schmerz nachträglich verarbeitet.


Im negativen Sinne bedeutet das Phänomen der Gehirn-Weiterentwicklung aber auch, dass bestimmte Erinnerungen an unsere Vergangenheit durch unsere Erzählungen oder durch ähnliche Erlebnisse in der Gegenwart möglicherweise leicht weiterentwickelt und dadurch verändert werden. Wie Neurowissenschaftler bestätigen, ist unser Gedächtnis wandelbar. Wir können uns nicht vollständig darauf verlassen, ob wir uns korrekt erinnern und es damals wirklich so war, wie wir jetzt gerade denken.


Zurück zu den Lernprozessen: Wollen wir besonders effektiv Inhalte oder Fähigkeiten lernen, dann wäre es demnach besonders „gehirngerecht“, wenn wir sehr unterschiedliche Inhalte hintereinander lernen, um eine Vermischung zu vermeiden. Wir lernen z. B. Geschichtsdaten auswendig und üben anschließend Klavier.

Wir können auch ähnliche Inhalte beim (Kennen)Lernen in unserer Fantasiewelt sehr unterschiedlich präsentieren. Ein Beispiel: Gedächtniskünstler lernen sehr lange Zahlenreihen oder Spielkartenreihen auswendig, indem sie diese in ihrer Fantasiewelt mit den buntesten Fantasiebildern kombinieren, die sich stark voneinander unterscheiden. Jede Zahl oder Spielkarte haben sie in ihrer Fantasie mit einem völlig anderen Bild verknüpft. Man kann z. B. die „1“ mit dem Fantasiebild einer Kerze und die „2“ mit dem Fantasiebild eines Schwans verknüpfen.
Bisher wurde oft argumentiert, dass das Gehirn sich Bilder besser merken könne als abstrakte Zahlen. Aber seien wir einmal ehrlich: Wenn wir die Zahl „1“ oder eine Spielkarte vor uns sehen, dann haben wir ebenfalls ein „Bild“ vor Augen, nämlich einen senkrechten Strich mit einem Haken am oberen Ende oder die entsprechenden Symbole auf der Karte. Es geht also nicht unbedingt darum, „Bilder“ in unserer Fantasiewelt zu erschaffen, um sich eine Zahlenreihe besonders gut zu merken, sondern es geht darum, besonders unterschiedliche und für uns ungewohnte neue Bilder in unserem Gehirn zu fantasieren. Deswegen wird beim Gedächtnistraining oft darauf hingewiesen, dass die inneren Bilder besonders „lebendig“, „ausgefallen“ und „unverwechselbar“ sein sollten. Das Ziel ist, dass sich die Gehirnkarten für diese Bilder nicht gegenseitig beeinflussen und sich nicht gegenseitig „aus Versehen“ weiterentwickeln und verändern, sondern dass aufgrund ihres starken Unterschiedes eine Kontaktlosigkeit (!) untereinander bestehen bleibt und sie daher besser „festgeschrieben“ werden.
Die Festschreibung einer Gehirnkarte geschieht, wenn unser Gehirn nichts mehr findet, was den Zustand der Gehirnkarte weiterentwickelt und verändert. Festschreibung geschieht, wenn das Gehirn etwas Neues besser vom Alten unterscheidet und dadurch „getrennt“ halten kann. In diesem Fall sagt das Gehirn: „Das ist nicht das Gleiche.“ Durch diese Unterscheidung kann es bestimmte Gehirninhalte vor einer Weiterentwicklung schützen und im festgeschriebenen Zustand bewahren.

Genau diese Kontaktlosigkeit im Gehirn ist auch ein wesentlicher Baustein, der Hypnose funktionieren lässt (Trennung zwischen Bewusstsein und Unterbewusstsein = Kontaktlosigkeit = Wirkung) - doch das erläutere ich in einem späteren Vortrag ausführlicher.

 

Im negativen Sinne bedeutet dieser gesamte eben beschriebene Zusammenhang in unserem Gehirn also: Erleben wir etwas Schmerzvolles, anschließend eine Art "Kontaktabbruch" und können daher dieses Schmerzerlebnis nicht mehr richtig weiterentwickeln, dann wird es in diesem Zustand in unserem Gehirn festgeschrieben. Und immer, wenn uns in der Gegenwart irgendeine Kleinigkeit an dieses Schmerzerlebnis erinnert, fühlen wir auch sofort die unangenehmen Gefühle wieder. Das ist ein Bad End.

 

 

Durch die Frage "Wofür ist das gut?" durften wir nun den sinnvollen Lernprozess unseres Gehirns kennenlernen, der leider in ungünstigen Situationen auch zu unangenehmen Folgen führt - zu Bad Ends.

 

 

Wir können diesen ganzen Zusammenhang für uns nun positiv nutzen, indem wir den Bad Ends eine bestimmte sinnvolle Aufgabe geben:

Bad Ends "zeigen" uns ganz deutlich, wo wir im Gehirn ein Schmerzerlebnis noch nicht vollständig verarbeitet oder wo wir noch kein Happy End erreicht haben. Sie zeigen uns, wo wir dies noch nachholen können, bis wir uns bei Gedanken an das vergangene Schmerzerlebnis (Gedanken an das Schmerzerlebnis = Aktivierung der entsprechenden Bereiche im Gehirn, die mit dem Schmerzerlebnis zu tun haben) gut und ausgeglichen fühlen.

Genauso wie uns körperliche Verspannungen zeigen, wo wir Muskeln zu lange angespannt haben und dass wir sie nun entspannen können, entweder durch Massage oder durch bewusste Entspannung eines bestimmten Muskels und inneres Loslassen.

Genauso wie uns unsere Wahrnehmungsorgane zeigen, dass eine äußere Gefahrensituation vorbei ist und wir nun unser Schutzverhalten beenden können.

Ein Bad End zeigt uns, wo wir unser Inneres dem veränderten Äußeren neu anpassen und damit unser Gehirn "regulieren" können. Oder ein Bad End zeigt uns, wo wir im Äußeren noch ein Happy End benötigen, und gibt uns Energie, gezielt dieses Happy End anzustreben.

 

Jetzt stellt euch einmal vor, dass diese Zusammenhänge kaum bekannt sind. Was passiert?

Wir erleben etwas Unangenehmes oder sogar Schmerzvolles, verarbeiten es nicht und entwickeln es auch nicht weiter zu einem Happy End - und so bleibt es als Bad End in uns bestehen. Dann erleben wir irgendwann wieder etwas Unangenehmes oder Schmerzvolles, verarbeiten es nicht, entwickeln es nicht weiter - und es bleibt als weiteres Bad End in uns bestehen ... usw.

Was passiert?

Unser Gehirn versammelt immer mehr Bad-End-Zustände. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit immer höher wird, dass irgendein Ereignis in der Gegenwart in uns einen alten Bad-End-Zustand triggert, uns an etwas Unverarbeitetes erinnert (bewusst oder unbewusst), die entsprechenden neuronalen Netzwerke aktiviert - und es uns damit schlecht geht, wir uns unwohl fühlen, wir eine Abwehr gegen die auslösende Gegenwart fühlen, gegen das kämpfen, was uns gerade getriggert hat, oder Angst und Einengung fühlen oder irgendwann ausgebrannt fühlen (Burnout) usw.

Erinnert euch an die folgenden beiden Sätze aus Vortrag 6:

 

Unsere Wahrnehmung hängt von dem Zustand ab,
in welchem sich unser Gehirn befindet.


Wir stellen (absichtlich oder unabsichtlich) in unserem
Gehirn einen Zustand her, in welchen wir Signale
von außen einsortieren und sie dann unserem Zustand entsprechend bewerten.

 

Befinden wir uns also in einem aktivierten Bad-End-Zustand, dann beeinflusst dieser Zustand unsere Wahrnehmung. Wir projizieren also tendenziell etwas Negatives in unser Umfeld, das mit unserem ungelösten Bad-End-Zustand zusammenhängt. Wir deuten das Verhalten anderer Menschen negativer als es ursprünglich ist.

Wir bekommen schneller Angst vor anderen Menschen und müssen uns verstärkt schützen, sind schüchtern, haben Angst, Fehler zu machen.

Oder wir kämpfen verstärkt gegen die anderen Menschen oder wollen aktiv dafür sorgen, dass die anderen uns nicht mit einem eventuell schmerzhaften Verhalten zuvorkommen.

Wir sind so stark damit beschäftigt, eine Wiederholung eines inzwischen unbewusst gewordenen Bad Ends zu vermeiden, dass wir nicht mehr wirklich mit unserem Herzen offen sein können für das, was jetzt gerade in der Gegenwart Wirklichkeit ist. Je älter wir werden und je mehr Bad Ends wir in unserem Gehirn versammeln und nicht verarbeiten und nicht in Happy Ends verwandeln, umso verschlossener werden wir gegenüber unserem Umfeld, umso "unempathischer" werden wir, umso mehr Negatives projizieren wir in andere.

Und das Schlimme daran ist: Wir merken es nicht einmal, denn wir gehen davon aus, dass diese Realität, die wir wahrnehmen, nicht eine Projektion unseres Gehirns ist, sondern die wirkliche Realität darstellt.

 

Am schlimmsten ist es bei den Menschen, die bereits als kleines Kind keine Chance haben, Bad Ends zu verarbeiten, weil ihnen dafür kein Raum gegeben wird. Sie wachsen in einem schmerzenden, strengen, ausschließenden Umfeld auf und werden gleichzeitig daran gehindert, die erlebten Schmerzen durch Tränen zu verarbeiten oder in Happy Ends weiterzuentwickeln. Der erlebte Schmerz muss tapfer verdrängt werden. Und "verdrängen" ist nichts anderes als das Festschreiben von Bad Ends im Gehirn und der Akzeptanz dieser Zustände. Tränen und Happy Ends werden vom harten, verschlossenen Umfeld als "weichlich" abgewertet und ausgeschlossen.

Diese Menschen verwandeln sich als Erwachsene im Extremfall mit diesen vielen inzwischen unbewussten Bad Ends im Gehirn zu unflexiblen, ausschließenden, distanzierten, harten, uneinsichtigen Menschen, denen das Einfühlungsvermögen in andere Menschen in hohem Maße fehlt.

Gelangen diese Menschen dann noch in der Politik an die Macht, dann spiegelt dies die durch lauter Bad Ends verschlossene Gesellschaft in diesem Land wieder. Das beste Beispiel sind Nordkorea oder China - oder Deutschland vor 80 Jahren.

Auch in der Wirtschaft wird es nicht gern gesehen, wenn ein Chef Tränen weint oder nach Happy Ends sucht. Er muss Bad Ends aushalten können - was dazu führt, dass in den Führungsetagen oft "harte Persönlichkeiten" sitzen, die nicht in der Lage sind, für ein menschliches Umfeld innerhalb der Firma zu sorgen, und sich auch nicht für ein umweltfreundliches Unternehmen einsetzen. Ihnen ist der finanzielle Gewinn am wichtigsten. Warum? Weil es ein stark wirkendes Bad End in ihnen gibt: Emotionale Existenzangst.

Wäre dieses Bad End geklärt, gelöst, verarbeitet, dann würden diese Führungspersönlichkeiten viel mehr Ausgeglichenheit, Gelassenheit, Offenheit, Verständnis, Menschlichkeit und Umweltbewusstsein leben.

Kurz: Empathie.

 

Je mehr Bad Ends wir in unserem Gehirn versammeln, umso mehr leiden wir unter Sorgen, umso mehr negative Projektionen (von den 90%) unseres Gehirns finden in der Gegenwart statt, umso mehr negative Ergänzungen liefert es bei der Deutung gegenwärtiger Geschehnisse, umso mehr blockieren wir uns und schränken unsere Potenziale ein. Erinnert euch: Unser Gehirn liefert 90% an eigenen Ergänzungen zu den 10% an neuen Informationen, die über unsere Augen in unser Gehirn gelangen (siehe Vortrag 6).

 

Ich denke, jetzt dürfte euch allmählich klar werden, warum ich Bad Ends als den größten Feind der Menschheit und des Planeten bezeichne, oder?

 

 

Hier einmal eine bildliche Darstellung, wie Bad-Ends wirken und wie die meisten von uns es kennen:

 

 

Gewaltspirale

 

 

In irgendeinem Zusammenhang erleben wir eine schmerzvolle Situation. Sei es, dass wir von einem Menschen unabsichtlich oder absichtlich verletzt werden, sei es, dass wir etwas verlieren, sei es, dass wir uns selbst verletzen ... wie auch immer. Entscheidend ist es, dass diese Situation bei uns Schmerz erzeugt. Dabei spielt es keine Rolle, wodurch der Schmerz erzeugt wird.

Wenn wir uns Kinder anschauen, dann ist die natürliche spontane Reaktion ein Weinen und/oder Schreien. Darf das Kind so lange über die Schmerzsituation weinen, wie es möchte, dann beenden sich die Tränen irgendwann wie von selbst nach einer Weile (vorausgesetzt die Schmerzsituation ist vorbei - wenn sie aber weiter besteht, weint und schreit das Kind natürlich auch weiter ...). Anschließend befindet sich das Kind noch ein bisschen in einer Trance oder es schläft sogar ein. Ist diese Phase vorbei, dann kann das Kind wieder fröhlich weiterspielen. Das schmerzhafte Erlebnis ist komplett verarbeitet.

 

Bei uns Erwachsenen ist die Phase der Schmerzverarbeitung aus dem Blick geraten. Deshalb wird in unserem Gehirn diese erlebte Schmerzsituation festgeschrieben, gespeichert, zusammen mit allen Schmerzgefühlen, und es entsteht eine Angst, ein Stressgefühl, eine permanente Vorsicht, eine Befürchtung, dass sich diese Situation wiederholen könnte = Bad End. Wird ein Bad End später wieder getriggert, dann führt es in uns zu Rückzug, zu Abwehrverhalten, zu abwertender Wertung, zu Ärger, zu Kämpfen, Rechtfertigungsdrängen, Verteidigungsbedürfnissen und im Extremfall sogar zu Hassgefühlen. Das wiederum wirkt als Schmerz erzeugendes Verhalten.

Hier wächst der Krieg in uns. Hier ist die Gewaltspirale in Bewegung.

 

Wenn wir Frieden wollen, dann behaupte ich, dass der einzig tief wirkende und "wirklich" Frieden bringende Schritt ist, die Schmerzverarbeitung und das Erschaffen von Happy Ends (positive Gedanken, Vergebung, Verständnis, positive Sichtweisen, "Wofür ist das gut ?" etc.) wieder in unser Leben zu integrieren.

Das würde so aussehen:

 

Entwicklungskreislauf

 

Wenn wir also eine Schmerz erlösende Situation nach unserem Schmerzerlebnis einbauen, dann konzentrieren wir uns nach einem Schmerzerlebnis auf die Verarbeitung oder auf die Suche nach einer Schmerz erlösenden Situation, in der wir den erlebten Schmerz nachträglich verarbeiten können oder wo wir ein Happy End erleben dürfen.

Diese Verarbeitung bedeutet aber nicht, dass wir uns anschließend wieder für die Schmerz erzeugende Situation öffnen sollten. Nein - wir sammeln trotzdem unsere Erfahrung und können letztendlich in Zukunft gezielt auch den Schmerz vermeiden (so gut es möglich ist). Allerdings nicht mit einer emotionalen Abwehr verbunden, sondern mit Klarheit und Offenheit und Freundlichkeit. Der emotionale Kampf, die emotionale Abwehr gegen den Schmerz verschwindet, wenn wir einen Schmerz komplett verarbeiten. Und wenn wir einen Schmerz vollständig verarbeitet haben, können wir in diesem Fall in uns selbst einen Frieden wahrnehmen.

 

Mit diesem Gefühl des inneren Friedens sind wir in der Lage, sowohl für uns selbst als auch für andere Menschen den Rahmen für Schmerz erlösende Situationen zu bieten. Wir haben Verständnis für andere, dass sie gerade unter einer Schmerz erzeugenden Situation leiden müssen/mussten und konzentrieren uns auf die Schmerz erlösende Situation - ohne dabei die Schmerz erzeugende Situation zu bekämpfen. Wir wehren uns also nicht gegen den anderen, sondern wir schauen: Was hilft jetzt gerade, dass der eben erlebte Schmerz gut verarbeitet werden kann? Was brauchen wir selbst - oder was braucht der andere?

 

Dabei kann es auch möglich sein, dass die klare (freundliche) Grenzsetzung gegenüber einer Schmerz erzeugenden Situation genau das ist, was dem anderen hilft. Wir setzen eine klare Grenze, unser Gegenüber darf miterleben, dass und wie man freundlich eine klare Grenze setzen kann, und kann diesbezüglich dazulernen und sich selbst erlauben, gegenüber einer Schmerz erzeugenden Situation eine klare und freundliche Grenze zu setzen. Diese neue Grenzsetzung kann eine Schmerz erlösende Situation darstellen und dabei helfen, den erlebten Schmerz nun nachträglich zu verarbeiten.

Einige Menschen brechen berührt in Tränen aus, wenn sie erfahren und erleben, dass man gegenüber einer Schmerz erzeugenden Situation auch endlich Grenzen setzen "darf". Diese emotionale Berührung ist ein Zeichen von Schmerzverarbeitung.

 

Ist also der Schmerz verarbeitet, dann haben wir Klarheit, wie wir in Zukunft mit so einer Schmerz erzeugenden Situation umgehen wollen. Wir haben dazugelernt und sind dabei offen und klar geblieben. Wir haben aus der Schmerz erzeugenden Situation profitiert. Dies nennt der amerikanische Wissenschaftler Nassim Nicholas Taleb auch "Antifragilität".

 

Wenn wir die aktuelle Psychotherapie beobachten, dann können wir dort entdecken, dass genau das versucht wird. Menschen werden dazu ermutigt, ihre Gefühle wieder zuzulassen. Sie erhalten einen Rahmen, nachträglich die Schmerz erzeugenden Situationen aus der Vergangenheit zu verarbeiten (das ist immer möglich - jedes Schmerzerlebnis, egal wann es passiert ist, kann nachträglich emotional verarbeitet werden, so dass sich daraus anschließend das Friedensgefühl entfalten kann). Oder es werden Sichtweisen angeboten, mit denen man anders und friedvoller auf die Schmerz erzeugenden Situationen zurückschauen kann (= Happy Ends).

 

Ein Verarbeitungsprozess muss nicht immer mit Tränen einhergehen. Er kann auch darin bestehen, dass man einfach seine gegenwärtige Sichtweise auf das vergangene Schmerzerlebnis ändert und eine andere innere Haltung dazu einnimmt (= Happy End). Welche innere Haltung die befriedigende ist und zu innerem Frieden führt, muss jeder für sich selbst erforschen.

Doch wenn es nicht gelingen will, die innere Haltung zu ändern, weil sich ein Abwehr- oder Angst- oder Hassgefühl immer wieder dazwischen schiebt und die Angst offensichtlich stärker ist als jegliche Bemühung, dann könnte es an zwei Dingen liegen:

1. Es gibt noch ein tiefer liegendes, unbewusstes Bad End, das noch erkannt und verstanden werden möchte. Hier kann man zur Bewusstwerdung das NeuroSonanz-Modell Acht innere Zustände einsetzen.

2. Es wollen Tränen geweint werden und man müsste nach der Schmerz erlösenden Situation suchen (entweder in sich selbst oder außerhalb von sich selbst), die die Tränen in Fluss bringen kann.

 

Meine These, warum wir Menschen seit Jahrtausenden in Bad Ends stecken bleiben

Eine Teilnehmerin hat mir einmal erzählt, dass sie sich in einen Italiener verliebt hat. Und er sich in sie. Die beiden hatten keine Sprache, mit der sie sich verständigen konnten. Er sprach kein Deutsch, sie kein Italienisch - und sie kannten auch keine gemeinsame Fremdsprache (wie z. B. Englisch). Also galt nur die Zeichen- und Körpersprache. Diese Zeit war für beide wundervoll und leidenschaftlich.

Als sie aber allmählich gegenseitig ihre Sprachen lernten und miteinander zu kommunizieren begannen, da begannen auch die Missverständnisse und Schuldzuweisungen. Nun war es nicht mehr so wundervoll ...

 

Meine These ist, dass wir Menschen durch unsere Sprache dazu verleitet werden, andere Menschen für unsere Schmerz erzeugenden Situationen verantwortlich zu machen, ihnen also eine Schuld zuzuweisen.

Dabei projizieren wir unseren Wunsch nach einer Schmerz erlösende Situation nach außen und warten darauf, dass der andere nach seiner schmerzlichen Handlung durch Einsicht und Verständnis uns anschließend die Schmerz erlösende Situation bietet (und z. B. sagt, dass es ihm leid tut und es nicht mehr vorkommen wird, weil er jetzt daraus gelernt hat). Manchmal (selten) klappt das auch. Dann dürfen wir dadurch ein Happy End erleben.

Aber wenn der andere keine Einsicht hat, dann wollen wir ihn bekämpfen - im Extremfall sogar komplett auslöschen, wie es uns in Filmen immer wieder vorgespielt wird. Der böse Feind muss eliminiert werden.

Wir erlösen unseren Schmerz nicht mehr selbst (wie es die Kinder noch spontan tun).

Solange wir eine Schuld für unseren Schmerz im Außen sehen, warten wir auch auf eine Änderung im Außen - und nicht mehr im Inneren.

Ich bin davon überzeugt, dass die Verlockung der Sprache (= Möglichkeit der Schuldzuweisung nach außen) der Grund dafür ist, dass die Menschheit über viele Jahrhunderte und Jahrtausende sich gegenseitig bekämpft und gezielt Krieg gegeneinander führt - und dabei vergessen hat, dass der Mensch die natürliche Fähigkeit besitzt, erlebte Schmerzen komplett zu verarbeiten und dadurch zu einer größeren Klarheit und Kraft zu gelangen, als wenn man in der Abwehr und dem Kampf und dem Ärger (= Ausdruck eines Bad-End-Gefühls) stecken bleibt.

 

Sobald wir die Schuldzuweisung vom Schmerzerlebnis loskoppeln, sie streichen und stattdessen "Vergebung" leben, können wir sehr oft erfahren, dass bei so einem Happy End auch die Tränen zu fließen beginnen - und dadurch der Schmerzverarbeitungsprozess (die Schmerz erlösende Situation) wieder in Gang kommt. Wir werden "weich", offen, liebevoll und letztendlich friedvoll. Aus dieser Haltung heraus können wir anderen verletzten Menschen eine "Schmerz erlösende Situation" anbieten.

Ob die anderen Menschen diese aber für sich nutzen, um ein unbewusst gewordenes Bad End nachträglich zu verarbeiten, oder ob sie etwas anderes brauchen oder lieber doch die Verantwortung für die Lösung ihres Schmerzes an ihr Umfeld abgeben und lieber gegen das Umfeld kämpfen, das können wir nicht beeinflussen. Wir können nur so eine Situation anbieten.

Seinen inneren unerlösten Schmerz erlösen, sein Bad End weiterentwickeln muss jeder Mensch für sich allein.

So, wie wir nur Restaurants anbieten und sie so attraktiv wie möglich gestalten können - aber hingehen und essen müssen die Menschen selbst.

 

 

Zum Schluss möchte ich vier weitere Aspekte von Bad Ends andeuten, die im späteren Verlauf der Empathie-Schule noch mehr Beachtung finden werden:

 

1. Natürlich gehört es auch zu den Schmerzerlebnissen dazu, wenn man selbst einen anderen Menschen verletzt hat. Wie wir jetzt wissen, wird man selbst zum "Täter", zum Schmerzverursacher für andere, wenn im eigenen Gehirn ein Bad-End-Zustand aktiviert ist und man alles andere um sich herum in dieses Bad End einsortiert und selbst auch daraus handelt. So passiert es, dass man sein Umfeld negativ interpretiert, dagegen kämpft und beim Kampf den anderen verletzt. Das kann schon in den Momenten geschehen, in denen man für eine Weile mit sich selbst unzufrieden ist. Kommt dann ein anderer Mensch dazu, dann wirkt dies meistens störend und man macht ihm Vorwürfe.

In seltenen Fällen wacht jemand nach seiner Tat auf, erkennt, was er getan hat, und bereut es.

Wurden wir aus einem Bad End heraus zum Täter, dann ist diese neue Situation ebenfalls ein Bad End für uns selbst. Ein Anteil von uns muss miterleben, wie ein anderer Anteil von uns einen anderen Menschen verletzt. Meistens wird der miterlebende Anteil vom Bewusstsein abgespaltet, weil es zu schmerzhaft für einen selbst ist.

Deshalb ist es besonders schwierig, die Bad Ends, in denen man selbst zum Täter wurde, nachträglich anzuschauen, emotional zu verarbeiten und daraus ein Happy End zu entwickeln. In den allermeisten Fällen können wir es uns selbst nicht verzeihen, was wir anderen Menschen angetan haben - und so bleiben wir lieber in dem Bad End weiter verstrickt, leugnen, was passiert ist, und lassen es uns weiter mit diesem Bad End schlecht gehen.

 

2. Aus Vortrag 13 wissen wir, dass es Resonierende Empfindungen gibt. Das bedeutet, dass die Bad Ends eines Menschen von anderen Menschen im Kontakt zu ihm bewusst oder unbewusst erspürt werden können.

Ist bei unserem Gegenüber gerade ein Bad End aktiviert, dann kann es sein, dass wir uns im Kontakt mit ihm selbst auf eine bestimmte Weise unwohl fühlen. Wir können die unterschiedlichsten Bad Ends anderer Menschen in uns selbst spüren: Unwohlgefühle, Abwehrgefühle, Ausgrenzungsgefühle, Verlustschmerzen (Eifersucht), Energielosigkeit (fehlende Trauer), Lustlosigkeit, Wünsche nach räumlicher Distanz und Wegwollen.

Wer sich nicht bewusst ist, dass es Resonierende Empfindungen gibt, und wer sich auch nicht bewusst ist, dass wir diese Empfindungen nicht "räumlich" wahrnehmen, sondern nur in uns selbst, der identifiziert sich oft mit solchen Empfindungen und denkt, er sei selbst so, wie er sich gerade fühlt. Er denkt, er hat eine Abwehr, einen Verlustschmerz, ist energielos, will einfach nur weg etc. Dabei sind das nur Resonierende Empfindungen zum Bad End des anderen Menschen.

Aus diesem Grund kann es sehr gut sein, dass Kinder zu den Bad Ends ihrer Eltern in Resonanz gehen und sich allmählich damit identifizieren. Sie haben kein eigenes Schmerzerlebnis gehabt, sondern sie haben permanent in sich selbst die Bad Ends der Eltern gespürt, sich allmählich daran gewöhnt und eigene Verhaltensmuster daraus entwickelt.

In diesem Fall genügt es später als "Weiterentwicklung" dieser übernommenen Bad Ends, sich einfach nur bewusst zu werden, dass es übernommene Gefühle von den Eltern sind. Durch diese klare Unterscheidung können sich solche Bad Ends automatisch beenden. Man steht den Bad Ends der Eltern nicht weiter zur Verfügung.

 

3. Es gibt ein Bad End, das in unserer Gesellschaft unglaublich weit verbreitet ist - nicht nur in Deutschland, sondern weltweit: Ein Mensch macht einen Fehler und erlebt daraufhin vom Umfeld ein schmerzhaftes Verhalten. Der Fehler wird "negativ" bewertet - und nicht als positiver, wichtiger und notwendiger Teil eines Lernprozesses gesehen. Das bedeutet: Wenn wir einen Fehler machen, wird bei uns automatisch ein Bad-End-Gefühl geweckt. Wir fühlen uns beim Fehlermachen unwohl - anstatt dass wir uns über unseren Lernprozess freuen.

Dieses Bad End hat gesellschaftlich unglaublich viele negative Folgewirkungen und führt im schlimmsten Fall dazu, dass wir uns nach einem Fehler gegenseitig Schmerzen zufügen und unsere Weiterentwicklung blockieren. In meinem Buch "Meine Eltern sind schuld" zeige ich Möglichkeiten auf, dieses gesellschaftliche Bad End in ein Happy End zu transformieren und damit den Schmerz vom Fehlermachen loszulösen.

 

4. Bad Ends sind durch vergangene Schmerzerlebnisse entstanden, die wir in unserem Gehirn nicht weiterentwickelt haben. Bad Ends erhalten in uns die schmerzvolle Wirkung dieser Erlebnisse aufrecht. Das bedeutet aber auch, dass wir durch eine besonders hohe Konzentration auf die Gegenwart, auf das Jetzt, den Wirkungen dieser Bad Ends entkommen können. Genau aus diesem Grund sind Bücher wie "Jetzt - Die Kraft der Gegenwart" (Eckhart Tolle) und Achtsamkeitsübungen, bei denen man sich verstärkt auf die Gegenwart konzentriert, so wirkungsvoll und auch so sinnvoll. Je wacher und aufmerksamer wir uns auf die Gegenwart konzentrieren, umso "freier" sind wir von den Wirkungen von Bad Ends. Denn die Gegenwart zeigt permanent das Happy End: "Die vergangenen Schmerzerlebnisse sind vorbei."

Befinden wir uns in einem von Bad Ends befreiten Zustand, dann können wir folgendes erleben: Wenn sich ein Mensch uns gegenüber in der Gegenwart wieder schmerzvoll verhält, können wir nun sehen, dass er noch in Bad Ends feststeckt und aus diesen heraus handelt. Und wir können Mitgefühl mit ihm haben.

Erleben wir in der Gegenwart einen neuen Verlust, dann können wir ihn jetzt voll und ganz betrauern und verarbeiten und letztendlich in ein Happy End weiterentwickeln.

Wem hierzu noch die Fähigkeit fehlt oder blockiert ist und noch in Bad Ends festhängt, dem empfehle ich den Vortrag 9. Dort geht es u. a. um die Schmerzverarbeitung unseres Gehirns und wie wir sie unterstützen können.

 

 

Für mich gibt es also auf dieser Welt nur noch einen einzigen "wirklichen" Feind: Bad Ends und ihre Wirkungen!

Deswegen ist auch das NeuroSonanz-Modell so gestaltet: vier erlöste Zustände und vier Zustände mit Bad Ends kombiniert. Das Ziel: die Bad-End-Zustände verarbeiten/weiterentwickeln und in so vielen Situationen wie möglich die vier erlösten Zustände leben zu können.

 

Gegen diese Bad Ends nehme ich in dieser Empathie-Schule und darüber hinaus den "liebevollen Kampf" auf. Und NUR noch gegen sie. Nie wieder gegen andere Menschen an sich - nur noch gegen die Bad Ends innerhalb der Menschen. D. h. ich schließe nie wieder Menschen aus oder bewerte sie persönlich, sondern ich bewerte nur noch die Wirkung ihrer Bad Ends.

Ich setze den Bad Ends entschieden und besonders liebevoll die Empathie entgegen (Empathie im Sinne von Mitgefühl, Verständnis und Happy Ends).

Das Ziel meines liebevollen Kampfes ist, dass alle Bad Ends wieder in Fluss kommen und in Happy Ends transformiert werden können.

Happy Ends gegen Bad Ends.

 

Ist das ein fairer Kampf?

Seid ihr dabei?

 

 

 

 

Wenn du die ausführlichen Inhalte aller Veranstaltungen wie ein Buch nacheinander in der von uns vorgeschlagenen Reihenfolgen lesen möchtest, folge dem Link hier unten:

 

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